Zu einer bemerkenswerten Entscheidung über die "Vermutungsregel" beim Filesharing ist jüngst das Amtsgericht München gekommen.
Es hatte über einen Fall zu entscheiden in welchem einem Familienvater vom Urheberrechtsinhaber vorgeworfen wurde, über seinen DSL-Anschluss einen Film ("Shutter Island") widerrechtlich über eine so genannte P2P Tauschbörse (Bittorrent) kopiert und zum Upload angeboten zu haben.
Wird ein solcher Download von den Rechteinhabern beobachtet, wird grundsätzlich der rechtmäßige Inhaber des Internetzugangs als Täter in Anspruch genommen. In der Regel verlangt man von diesem die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Zahlung des durch die Urheberrechtsverletzung entstandenen Schadens (Entgangene Lizenzeinnahmen, Ermittlungskosten sowie die Kosten für die beauftragte Anwaltskanzlei).
Dabei wird einfach unterstellt, dass der Inhaber des Internetanschlusses auch der Täter hinter der Verletzungshandlung ist, ohne dies konkret nachweisen zu können. Dabei beruft man sich gerne auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), der entschieden hatte, dass eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass der Anschlussinhaber auch tatsächlich die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Gelingt es dem Anschlussinhaber nicht, nachvollziehbar und überzeugend darzulegen, aus welchen Gründen diese Vermutung in seinem Fall falsch ist, kann er auch zu Recht in Anspruch genommen werden.
In dem vom Amtsgericht entschiedenen Fall konnte der Familienvater die Richter davon überzeugen, dass er zu dem betreffenden Zeitpunkt überhaupt nicht zu Hause war. Für die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung kamen zudem auch noch seine Ehefrau und seine beiden Kinder in Betracht. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass hierdurch die Vermutungsregel nicht mehr anwendbar sei. Ist diese Vermutung jedoch erst einmal erschüttert, trifft wieder den Abmahnenden die Last, zu beweisen, dass man auch den wirklichen Täter in Anspruch genommen hat.
Dieser Nachweis ist dem Urheber in dem entschiedenen Fall erwartungsgemäß nicht gelungen, sodass die gegen den Familienvater erhobene Klage vollumfänglich abgewiesen wurde.
Hinweis: Wird man abgemahnt muss man nicht den unwiderleglichen Beweis dafür erbringen, wer tatsächlich für die Verletzungshandlung verantwortlich war. Es reicht bereits die nachvollziehbare und überzeugende Darlegung, dass man jedenfalls nicht selbst war und hierfür auch noch andere Personen in Betracht kommen, deren Verhalten man sich nicht vorwerfen lassen muss.
Dennoch sollte man eine Abmahnung nicht auf die leichte Schulter nehmen, da gerade an diese glaubwürdige Darlegung oder gar den Beweis häufig hohe Anforderungen gestellt werden. Zudem muss man das Gericht auch noch davon überzeugen, keine Kenntnis oder Anhaltspunkte dafür gehabt zu haben, dass Urheberrechtsverletzungen über den eigenen Anschluss begangen wurden. Spätestens bei der zweiten oder dritten Abmahnung wird dies nur noch schwer gelingen. In diesem Fall muss man sich das Verhalten der Familie gegebenenfalls zurechnen lassen.